Vorkaufsrecht für Mieter
Soll die Wohnung oder das Haus verkauft werden, bekommen es Mieter schnell mit der Angst zu tun. Diese Angst ist jedoch häufig unbegründet: In vielen Fällen haben Mieter ein Vorkaufsrecht.
Inhaltsverzeichnis
Was ist das Vorkaufsrecht?
Das Vorkaufsrecht für Mieter (§ 577 BGB) bezeichnet das Recht des Mieters, beim Verkauf der von ihm bewohnten Immobilie bevorzugt behandelt zu werden. Dem Mieter wird dadurch die Möglichkeit geboten, bis zum Ablauf einer Frist von 2 Monaten in den Kaufvertrag zwischen Vermieter und einem Dritten einzutreten und die betreffende Wohnung oder das Haus zu den gleichen Konditionen zu erwerben. Allerdings hat der Mieter dabei keinen Einfluss auf den Inhalt des Kaufvertrages.
Unter welchen Voraussetzungen besteht ein Vorkaufsrecht?
Im Regelfall wird ein Vorkaufsrecht für Mieter in einer Klausel des Mietvertrags vereinbart. Findet es im Mietvertrag keine Erwähnung, müssen die folgenden gesetzlichen Regelungen beachtet werden, wenn sich Mieter trotzdem auf das Recht berufen wollen.
Info: Grundsätzlich darf der Vermieter das Vorkaufsrecht nicht durch eine Klausel im Mietvertrag ausschließen. Wird es mietvertraglich vereinbart, muss der Vertrag gemäß § 311b BGB notariell beglaubigt werden – andernfalls kann der gesamte Vertrag für nichtig erklärt werden.
Vorkaufsrecht bei erster Umwandlung in Einzeleigentum
Das Vorkaufsrecht besteht für vermietete Wohnräume, die zum ersten Mal in eine Eigentumswohnung umgewandelt werden sollen. Lebt der Mieter bereits in einer vermieteten Eigentumswohnung, greift das Vorkaufsrecht nicht (BGH, Urteil v. 22.6.2007, Az.: V ZR 269/06). Das bedeutet auch: Wurde die Umwandlung der Mietwohnung in eine Eigentumswohnung vor Einzug des Mieters abgeschlossen, besteht kein Vorkaufsrecht mehr.
Kein Vorkaufsrecht bei Verkauf des gesamten Wohnhauses
Wechselt ein gesamtes Mehrfamilienhaus den Besitzer, hat der Mieter kein Vorkaufsrecht (BGH, Urteil v. 22.11.2013, Az.: V ZR 96/12).
Kein Vorkaufsrecht bei Schenkung oder Verkauf an Familienangehörige
Will der Vermieter die Wohnung verschenken oder an einen Familien– oder Haushaltsangehörigen verkaufen, kann sich der Mieter nicht auf sein Vorkaufsrecht berufen. Näherstehende Personen werden gegenüber dem Mieter bevorzugt.
Zum Kreis der Verwandten gehören nach einschlägiger Rechtsprechung Verwandte in gerader erster Linie (Eltern, Kinder, Großeltern) sowie in der Seitenlinie bis zum dritten Grad (Nichten, Neffen) als auch verschwägerte Angehörige (Schwanger, Schwiegereltern).
Vorkaufsrecht gilt nicht bei Zwangsversteigerung
Wird die Wohnung im Rahmen einer Zwangsversteigerung veräußert, kann der Mieter kein Vorkaufsrecht geltend machen (§ 471 BGB). Er kann sich auch dann nicht auf das Vorkaufsrecht berufen, wenn die Wohnung im Anschluss weiterverkauft wird, da die Zwangsversteigerung hierbei den ersten Verkaufsfall darstellt. (BGH, Az: VIII ZR 384/97).
Wer hat Vorkaufsrecht?
Grundsätzlich kann nur ein Mieter mit bestehendem Mietvertrag unter den oben genannten Gesichtspunkten ein Vorkaufsrecht haben. Eine Übertragung ist demnach nicht möglich, allerdings können auch hierbei Sonderregelungen greifen:
Tod des Mieters
Stirbt der Mieter, bevor er von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen kann, geht das Vorkaufsrecht an diejenigen über, die als Erben in das Mietverhältnis eintreten. Das Vorkaufsrecht selbst ist nicht vererbbar!
Vorkaufsrecht bei Kündigung des Mietvertrages
Grundsätzlich haben nur Mieter mit laufendem Mietvertrag einen Anspruch. Wurde eine Wohnung bereits vor Verkauf gekündigt, verliert das Vorkaufsrecht des Mieters jedoch erst nach Ablauf der Kündigungsfrist seine Gültigkeit.
Mitteilungspflicht des Vermieters
Der Vermieter ist verpflichtet, den Mieter schriftlich über den Verkauf des Objekts und ggf. sein Vorkaufsrecht und dessen Frist zu informieren (§ 469 BGB). Grundsätzlich kann die Mitteilung auch über Dritte (wie z.B. der Käufer) erfolgen. Wird die Immobilie von mehreren Mietern bewohnt, muss jeder Mieter über Verkauf informiert werden.
Um dieser Pflicht gerecht zu werden, muss der Mieter über den gesamten Inhalt des Kaufvertrages informiert werden – in der Regel ist hierfür die Übersendung einer Kopie des Kaufvertrages an den Mieter zwingend erforderlich.
Vermieter kommt Mitteilungspflicht nicht nach
Wird der Mieter nicht oder nicht in ausreichender Form über den Verkauf des Mietobjekts in Kenntnis gesetzt, beginnt auch die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts nicht.
Wird die Wohnung jedoch an Dritte verkauft und der neue Eigentümer ist bereits im Grundbuch verzeichnet, kann der Mieter nicht mehr von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen – allerdings können sich daraus Schadenersatzansprüche des Mieters gegenüber dem Vermieter ergeben (BGH, Urteil v. 21.1.2015, Az.: VIII ZR 51/14). Ein Anspruch auf Schadenersatz gegenüber dem Vermieter kann jedoch nur geltend gemacht werden, wenn der Mieter auch nachweisen kann, dass er tatsächlich zum Kauf in der Lage gewesen wäre – über einen Kredit oder Eigenkapital.
Die Mitteilung über Verkauf ist insofern keine Voraussetzung für den Gebrauch des Vorkaufsrechtes. Mieter können ihr Recht auch dann ausüben, wenn sie über andere Wege von dem Verkauf der Wohnung erfahren haben.
Wann erlischt das Vorkaufsrecht?
Der Mieter hat 2 Monate Zeit von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen (§ 469 Abs. 2 BGB). Die Frist beginnt ab Zugang der Mitteilung über den Verkauf der Wohnung, wobei hierfür ein wirksamer Kaufvertrag zwischen Vermieter und einem Dritten vorliegen muss. Für Sozialwohnungen beträgt die Frist unterdessen 6 Monate.
Eine Verkürzung der Frist ist nicht möglich, ändert sich jedoch der Kaufpreis, beginnt die Frist ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Änderungsmitteilung von vorne (OLG Karlsruhe, Urteil v. 17.5.1995, Az.: 13 U 125/93).
Der Mieter muss also auch im Falle einer nachträglichen Reduzierung des Kaufpreises über die Änderung des Kaufvertrages informiert werden. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass der Mieter durch einen hohen Kaufpreis vom Kauf abgeschreckt wird, während der Verkäufer und Käufer letzten Endes doch einen geringeren Preis vereinbaren.
Vorkaufsrecht geltend machen
Wünscht der Mieter von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen, muss er dies dem Verkäufer schriftlich innerhalb der zwei-monatigen Frist erklären. Diese Erklärung darf jedoch nicht an Bedingungen geknüpft sein und sollte gleichzeitig auch an den Notar übersendet werden, der den Verkauf beurkundet hat.
Die Konditionen und Klauseln des Kaufvertrages bleiben dabei identisch, der Vermieter muss dem Mieter dabei keinen vergünstigten Preis gewähren. Jedwede Änderungen des Kaufvertrages zu Gunsten des Mieters unterliegen dabei ausschließlich dem guten Willen des Verkäufers.
Vergünstigungen bei „Paketverkäufen“
Häufig sollen gleich mehrere Wohnungen in sogenannten Paketverkäufen unter Gewährung von Vergünstigungen an Dritte veräußert werden.
Hat der Mieter jedoch ein Vorkaufsrecht, hat er für seine Wohnung ebenfalls einen Anspruch auf den vergünstigten Kaufpreis, sofern dieser im Kaufvertrag festgehalten wurde (OLG Düsseldorf, Urteil v. 29.6.1998, Az.: 9 U 267/97)
Häufige Fragen zum Thema
Was bedeutet Vorkaufsrecht bei Immobilien?
Das Vorkaufsrecht beschreibt das Recht des Mieters bei Verkauf der von ihm bewohnten Wohnung, in den Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Dritten einzutreten.
Wie lange gilt ein Vorkaufsrecht?
Das Vorkaufsrecht besteht in der Regel für 2 Monate nach Zugang der Mitteilung über den Verkauf der Wohnung. Diese Frist kann verlängert aber niemals verkürzt werden.
Wann hat der Mieter ein Vorkaufsrecht?
Soweit mietvertraglich nicht anders vereinbart, besteht das Vorkaufsrecht nur bei erstmaliger Umwandlung der Mietwohnung in eine Eigentumswohnung und nicht bei Schenkung der Wohnung durch den Vermieter an näherstehende Personen.