Durch den Tod des Mieters endet das Mietverhältnis nicht automatisch. In diesem Fall wird das Mietverhältnis faktisch zunächst mit dem Kreis der eintrittsberechtigten Personen (§ 563 BGB), den überlebenden Mitmietern (§ 563a BGB) oder dem Erben des Verstorbenen (§ 564 BGB) fortgesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Ehegatte/Lebenspartner/Kinder/andere Verwandte oder Schwäger (§§ 563 ff. BGB)
Für alle in §§ 563, 563 a BGB genannten berechtigten Personen, die nach dem Tod des Mieters in dessen Mietverhältnis eintreten, ist Grundvoraussetzung, dass sie bis zum Eintritt des Todes mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt geführt oder den Mietvertrag mit unterzeichnet haben. Ist dies nicht der Fall, scheidet ein Eintrittsrecht ohnehin gänzlich aus. Etwas anderes gilt lediglich für den Erben (§ 564 BGB).
Als absolut vorrangig berechtigter Angehöriger hat der Ehegatte des verstorbenen Mieters das Recht, in das Mietverhältnis einzutreten (§ 563 Abs. 1 BGB). Gleiches gilt auch, wenn die Ehegatten innerhalb der Ehewohnung lediglich „vorübergehend“ getrennt gelebt haben. Im Falle einer „dauerhaften“ Trennung der Ehegatten oder gar rechtskräftiger Ehescheidung besteht kein Eintrittsrecht.
Sollte es keinen eintrittsberechtigten Ehegatten geben oder macht dieser von seinem Eintrittsrecht keinen Gebrauch, kann das Mietverhältnis mit dem Lebenspartner (im Sinne des §§ 15 ff LPartG) allein fortgesetzt werden. Sind leibliche Kinder (im Sinne von § 1591 f BGB) des verstorbenen Mieters vorhanden, steht ihnen auf gleicher Rangstufe mit dem Lebenspartner ebenfalls das Recht zu, in das Mietverhältnis ein zu treten (§ 563 Abs. 2 BGB). In diesem Fall können Lebenspartner und Kinder das Mietverhältnis entweder jeweils allein oder gemeinsam fortsetzen.
Erst dann, wenn weder Ehegatte, Lebenspartner und/oder die leiblichen Kinder des verstorbenen Mieters von ihrem Eintrittsrecht Gebrauch machen, erwerben andere (weiter entfernte) verwandte oder verschwägerte Personen gemäß § 563 Abs. 2 BGB ihrerseits das Recht in den Mietvertrag des Verstorbenen einzutreten.
Rechtswirkung des Eintritts
Der Eintritt in das Mietverhältnis nach dem Tod des Mieters erfolgt für den Eintrittsberechtigen automatisch kraft Gesetzes. Dies bedeutet, der Eintrittsberechtigte wird zum neuen Vertragspartner des Vermieters mit allen Rechten und Pflichten und zwar (zunächst) unabhängig davon, ob er dieses überhaupt will oder damit einverstanden ist. Auch ist im Augenblick des Eintritts nicht erforderlich, dass der Eintrittsberechtigte überhaupt Kenntnis vom Tod des Mieters erlangt hat. Der Eintritt erfolgt unabhängig von dieser Kenntnis.
Ablehnungsrecht des Eintrittsberechtigten (§ 563 Abs. 3 BGB)
Erst in dem Moment, in dem der jeweils Eintrittsberechtigte von dem Tod des Mieters Kenntnis erlangt, kann er aktiv Einfluss auf das weitere Geschehen nehmen und entscheiden, ob er das Mietverhältnis fortsetzen oder nicht fortsetzen möchte (§ 563 Abs. 3 BGB). Die Entscheidung muss der Eintrittsberechtigte binnen einer Frist von einem Monat ab Kenntnisnahme vom Tod des Mieters treffen und dem Vermieter mitteilen. Die (Ablehungs-)Erklärung kann formlos erfolgen. Die Monats-Frist wird allgemein auch als „Überlegungsfrist“ bezeichnet. Nach Fristablauf hat der Eintrittsberechtigte nur noch die Möglichkeit im Rahmen einer ordentlichen Kündigung das Mietverhältnis zu beenden.
Rechtsfolgen der Ablehnung
Ist die Ablehnung des Eintritts in das Mietverhältnis fristgemäß erfolgt, gilt der Eintritt sogar rückwirkend als nicht erfolgt. Sollte gar kein Berechtigter im Sinne des § 563 BGB das Mietverhältnis nach dem Tod des Mieters fortsetzen wollen, gilt das Mietverhältnis gemäß § 564 BGB automatisch mit dem Erben als fortgesetzt.
Rechtsfolgen bei Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Eintritt
Haftung (§ 563 b BGB)
Sollte der Eintrittsberechtigte oder Erbe das Mietverhältnis nach dem Tod des Mieters fortsetzen, haften Eintrittsberechtigter und auch Erbe gemäß § 563 b BGB gesamtschuldnerisch für die bis zum Tod entstandenen Verbindlichkeiten des Mieters (z.B. Mietrückstand, Betriebskostennachzahlung etc.). Diese Haftungsverpflichtung umfasst allerdings keine Verträge mit Dritten wie beispielsweise Versorgungsträger über Wasser, Wärme etc.
Zahlung einer Mietsicherheit (§ 563 b Absatz 3 BGB)
Auch kann der Vermieter gemäß Absatz 3 des § 563 b BGB neuerdings von dem Eintrittsberechtigten/Erben die Zahlung einer Mietsicherheit verlangen, wenn und soweit der verstorbene Mieter keine Mietsicherheit zuvor geleistet hatte.
Kündigungsrecht des Vermieters (§ 563 Abs. 4 BGB)
Der Vermieter muss den Eintritt in das Mietverhältnis durch berechtigte Personen nicht in jedem Fall dulden. So kann der Vermieter binnen einer Frist von einem Monat (Überlegungsfrist) ab Kenntnisnahme vom Eintritt des Eintrittsberechtigten diesem außerordentlich mit gesetzlicher Frist kündigen, wenn und soweit ein wichtiger Grund in der Person des Eintrittsberechtigten gelegen ist (§ 563 Abs. 4 BGB). Aus anderen Gründen kann dem Eingetretenen nicht außerordentlich gekündigt werden. So ist als wichtiger Grund anerkannt, wenn eine persönliche Feindschaft zwischen dem Vermieter und dem Eingetretenen besteht (Siehe: Hinz ZMR 2002, 643). Treten mehrere Personen in das Mietverhältnis ein, ist es ausreichend, wenn ein wichtiger Grund nur in einer Person der Eingetretenen gegenüber besteht (Siehe: Sternel ZMR 2004, 718).
Die für den Vermieter an sich gestaffelten (ggf. längeren) Kündigungsfristen des § 573 c Abs. 1 BGB gelten hier nicht. Demgemäß beträgt die Kündigungsfrist auch für den Vermieter nur drei Monate.
Form
Der Vermieter ist verpflichtet, die Gründe der Kündigung offen zu legen (§§ 573 d Abs. 1, 573 Abs. 3 BGB). Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen (§ 568 Abs. 1 BGB). Im Übrigen sollte die Kündigung auch den Hinweis auf das Widerspruchsrecht des Gekündigten nach Maßgabe der Sozialklausel enthalten.
Beweislast
Der Vermieter hat sowohl die materiellen Voraussetzungen (Grund) des Kündigungsrechts zu beweisen wie auch die formellen. Die Voraussetzungen für das Eintrittsrecht in das Mietverhältnis hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft.
Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem überlebenden Mieter (§ 563 a BGB)
Sind mehrere Personen Mieter, so wird das Mietverhältnis beim Tod eines Mieters automatisch kraft Gesetzes gemäß § 563 a BGB mit dem überlebenden Mitmieter fortgesetzt.
Kündigungsrecht des überlebenden Mieters (§ 563 a Abs. 2 BGB)
Der überlebende Mieter hat das Recht, gemäß § 563 a Abs. 2 BGB, binnen einer Frist von einem Monat ab Kenntnis vom Tod des Mieters (Überlegungsfrist) das Mietverhältnis außerordentlich mit gesetzlicher Frist zu kündigen.
Kein Kündigungsrecht des Vermieters (§ 573 d BGB)
Dem Vermieter hingegen steht in diesem Fall ein außerordentliches Kündigungsrecht zum Nachteil des überlebenden Mieters nicht zu (§ 573 d BGB).
Etwas Anderes gilt gegenüber dem Erben (§ 564 BGB).
Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben (§ 564 BGB)
Der Erbe ist der Rangfolge nach allen Eintrittsberechtigten gemäß § 563 BGB und auch dem überlebenden Mieter gemäß § 563 a BGB gegenüber nachrangig. Dies bedeutet, dass das Mietverhältnis erst dann mit dem Erben fortgesetzt werden kann, wenn kein anderer vorgenannter Berechtigter in das Mietverhältnis eintreten sollte. Im Übrigen ist für den Eintritt des Erben in das Mietverhältnis nicht -wie in allen anderen Fällen- Voraussetzung, dass ein gemeinsamer Haushalt mit dem verstorbenen Mieter geführt oder der Mietvertrag mit unterzeichnet worden ist.
Kündigungsrecht des Erben und des Vermieters (§§ 564, 580 BGB)
Der Erbe und auch der Vermieter hat sodann die Möglichkeit binnen einer Frist von einem Monat (Überlegungsfrist) nach Kenntnis vom Tod des Mieters das Mietverhältnis im Rahmen eines Sonderkündigungsrechts gemäß § 580 BGB außerordentlich mit gesetzlicher Frist zu kündigen. Vorteil dieser Regelung insbesondere für den Erben ist, dass der Erbe auf diese Weise sogar Langzeitmietverhältnisse mit kurzer Kündigungsfrist beenden kann. Bei einer Erbengemeinschaft ist die Kündigung durch alle bzw. gegenüber allen Erben zu erklären.
Frist
Die gesetzliche Kündigungsfrist gemäß § 573 d BGB beträgt drei Monate abzüglich der Karenzzeit von drei Werktagen. Die verlängerten (gestaffelten) Kündigungsfristen gemäß § 573 c Abs. 1 BGB greifen in diesem Fall nicht durch.
Der Lauf der Kündigungsfrist beginnt für den Erben mit der Kenntnisnahme vom Tod des Mieters und ist nicht von der Annahme des Erbes abhängig. Demgemäß kann bereits der vorläufige Erbe die Kündigung wirksam erklären (vgl. § 1959 Abs. 2 BGB).
Für den Vermieter beginnt die Kündigungsfrist zu laufen ab Kenntnisnahme vom Tod des Mieters und zusätzlich mit der Kenntnisnahme, dass ein Eintritt oder die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Personenkreis gemäß §§ 563, 563 a BGB nicht erfolgt.
Form
Die Kündigung durch den Erben/ Vermieter bedarf der Schriftform (§ 568 BGB). Der Vermieter hat zu beachten, dass er den Gekündigten auf die Sozialklausel des § 574 BGB hinweist, da dem Gekündigten im Rahmen dieser Kündigungsform das Widerspruchsrecht gemäß §§ 574 ff BGB zusteht.
Ein sogenanntes berechtigtes Interesse an der Kündigung im Sinne des § 573 BGB muss weder der Erbe noch der Vermieter dartun.
Abweichende Vertragsvereinbarung möglich?
Ob und inwieweit § 564 BGB den Parteien die Möglichkeit gibt, die Fortsetzung des Mietverhältnisses abweichend von der gesetzlichen Vorgabe vertraglich zu regeln, ist in der Rechtsprechung streitig (LG Frankfurt a. Main WuM 1990, 82; OLG Hamburg NJW 1984, 60).
Ausschlagung des Erbes (§ 1953 BGB)
Schlägt der Erbe die Erbschaft gemäß § 1953 BGB rechtswirksam aus, so ist er zu behandeln, als habe er auch rückwirkend das Mietverhältnis nach dem Tod des Mieters nicht fortgesetzt.
Nach § 1944 BGB beträgt die Ausschlagungsfrist sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, an dem der Erbe von dem „Anfall“ (=der Erbschaft) und dem Grund des Anfalls Kenntnis erlangt. Mit Ablauf der Ausschlagungsfrist gilt das Erbe als mit allen Rechten und Pflichten angenommen.
Die Erbschaft gilt dann sozusagen als nicht angetreten. Dies hat gemäß § 1958 BGB auch zur Folge, dass gegen den Erben Ansprüche aus dem Nachlass (dies können unter anderem Mietschulden sein) nicht geltend gemacht werden können.
Ebenso ist vor rechtswirksamem Antritt der Erbschaft eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den (Eventual-)Erben entbehrlich. Gleichwohl bleibt es dem (Eventual-)Erben unbenommen gemäß § 1959 Abs. 2 BGB rein vorsorglich die Kündigung vornehmen.
Teilweise Erbausschlagung?
Im Übrigen ist die Ausschlagung eines Teils der Erbschaft nicht möglich (§ 1950 BGB). Hat der Erbe lediglich einen Teil der Erbschaft ausgeschlagen (z.B. im Hinblick auf das Mietverhältnis), so handelt es sich um eine nicht rechtswirksame Ausschlagung mit der Folge, dass (mit Ablauf der Ausschlagungsfrist) die ganze Erbschaft als angenommen gilt.
Übernahme der Vermieter-Forderungen durch die Erben ?
Ist das Erbe nicht ausgeschlagen worden, gilt der Erbe als Rechtsnachfolger des verstorbenen Mieters und hat somit die aus dem Mietverhältnis begründeten Forderungen des Vermieters zu übernehmen.
Wer übernimmt Vermieter-Forderungen bei Ausschlagung der Erbschaft?
Sollte kein Erbe die Erbschaft des verstorbenen Mieters angetreten oder sich kein gesetzlicher Erbe gefunden haben, geht der Nachlass (die Erbschaft) auf den Landesfiskus über. Dies bedeutet, dass automatisch das Bundesland, in dem der verstorbene Mieter seinen letzten Wohnsitz hatte, die Erbschaft als gesetzlicher Erbe mit allen Rechten und Pflichten antritt.
In dem Fall hat der Fiskus auch für die Verbindlichkeiten des Verstorbenen einzutreten. Allerdings beschränkt sich die Haftung des Fiskus auf die Höhe des Nachlasses. Im Falle von offenen Mietverbindlichkeiten bedeutet dies, dass der Fiskus diese Verbindlichkeiten dem Vermieter gegenüber nur bis zu der Höhe auszugleichen verpflichtet ist, wie es die Verwertung des Vermögens oder der Wertgegenstände ermöglicht. Der Vermieter kann auch zum Zwecke der Sicherung seiner offenen Forderungen das sogenannte „Vermieterpfandrecht“ gemäß § 562 BGB ausüben. Sollten darüber hinaus weitere Forderungen des Vermieters mangels Masse nicht beglichen werden können, bleibt der Vermieter auf diese Kosten sitzen.
Sobald sich abzeichnet, dass sich kein Erbe findet, empfiehlt es sich für den Vermieter das Mietverhältnis aufzukündigen. Anderenfalls würde der Mietvertrag weiterlaufen und die Wohnung wäre nicht weiter vermietungsfähig. Die Kündigung ist an den Landesfiskus bzw. das örtlich zuständige Nachlassgericht des Amtsgerichts zu richten. Sollten sich zu einem späteren Zeitpunkt gleichwohl noch Erben finden, wirkt die Kündigung trotzdem fort. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist steht dem Vermieter ein Recht zum Betreten der Mietwohnung nicht zu.
Betretungsrecht für die Wohnung des Verstorbenen?
Nach dem Tod des Mieters steht ausschließlich dem Erben das Recht zum Betreten der Wohnung zu. Dies kann auch der Landesfiskus sein. Von diesem kann gegebenenfalls die Erlaubnis zum Betreten der Wohnung eingeholt werden. Ohne entsprechende Erlaubnis ist das Betreten nicht zulässig. Der Erbe/Landesfiskus entscheidet im Übrigen auch darüber, ob und inwieweit er die Herausgabe von Nachlassgegenständen (die unter Umständen nicht von materiellem, sondern lediglich von ideellem Wert sind) an die Nichterben gestattet wird.
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