Immer wieder kommt es zwischen Mietern untereinander zu Streit aufgrund vermeintlicher Lärmbelästigungen. Ruhezeiten sind teilweise gesetzlich geregelt oder in der jeweiligen Hausordnung festgehalten.
Dabei handelt es sich um Regeln, welcher Geräuschpegel zu welcher Tageszeit eingehalten werden muss. Bei Verstoß erwarten den betroffenen Mieter Abmahnungen oder sogar die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter.
Zudem kann eine Ruhestörung auch als Ordnungswidrigkeit gewertet werden, welche hohe Bußgeldstrafen mit sich zieht. Kennen Sie Ihre Rechte und Pflichten, können Sie dem Streit mit den Nachbarn, dem Vermieter und dem Land vorbeugen.
Inhaltsverzeichnis
Gesetzliche Ruhezeiten
In Deutschland bestehen keine bundeseinheitlich gesetzlich verankerten Ruhezeiten. Seit 2006 steht es den Bundesländern frei, Ruhezeiten für das jeweilige Land selbst festzulegen. Zudem dürfen Städte und Gemeinden die Regelung zu den Ruhezeiten abändern bzw. erweitern (vgl. Art. 74 Abs.1 Nr. 24 GG).Ein weiterer Ermessensspielraum ist der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. dem Vermieter zugesprochen.
In der Hausordnung dürfen die Ruhezeiten von den Zeiten abweichen, die für das jeweilige Land festgelegt sind. Mit Abschluss des Mietvertrages wird den Ruhezeiten automatisch zugestimmt. Die Einhaltung der Hausordnung gehört zur Pflicht des Mieters.
Nachtruhe
Überwiegend gilt eine Nachtruhe von 22 Uhr – 6 Uhr
(vgl. z.B. § 3 des Landes-Immissionsschutzgesetzes Berlin)
Die Nachtruhe wird hauptsächlich in den Landesimmissionsschutzgesetzen geregelt.
Mittagsruhe
Es gilt überwiegend eine Mittagsruhe von 13 Uhr – 15 Uhr
(vgl. Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung 32. BImSchV, § 7 Abs.1 Nr.2)
Die Mittagsruhe unterliegt in Deutschland keinen gesetzlichen Regelungen, ist in den meisten Hausordnungen jedoch mit aufgeführt. Sie richtet sich oft nach der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung.
Sonn- und Feiertagsruhe
Sonntags und an Feiertagen herrscht ein ganztägiges gesteigertes Ruhebedürfnis.
Zimmerlautstärke als Richtwert
In den Ruhezeiten können Mieter eines Mietshauses keine absolute Stille fordern. Bei dem Zusammenleben mehrerer Parteien in einem Haus muss immer mit einem wohnüblichen Geräuschpegel gelebt werden.
Ein Richtwert für den Geräuschpegel während der Ruhezeiten ist die Zimmerlautstärke. Diese ist kein allgemein rechtlich festgelegter Wert und immer wieder Bestandteil gerichtlicher Streitigkeiten.
Wenn das nachbarliche Geräusch so laut in den eigenen Räumen zu hören ist, wie das eigene Gespräch, Fernseher etc., so ist die Zimmerlautstärke in jedem Fall überschritten.
Das Landgericht Kleve legte 1991 in einem Fall als Richtwert eine Dezibelgrenze von 40 Db tagsüber fest und nachts ein Wert von 30 dB (Landgericht Kleve, Urteil vom 01.10.1991, 6 S 70/90).
Wie lange darf musiziert werden?
Ganztägiges Musikhören ist erlaubt – jedoch nur in Zimmerlautstärke! Eingeschlossen darin ist die Nutzung elektronischer Geräte wie Fernseher, Radio, CD-Player, PC usw.
Die Nutzung von Musikinstrumenten wie Blöckflöte, Posaune und Klavier muss ebenfalls von den Nachbarn geduldet werden. Ob der musizierende Nachbar nun qualitativ hochwertig spielt oder eher nicht, hat keinen Einfluss darauf.
Wichtig: Der Vermieter hat das Recht, das Musizieren von Vornherein im Mietvertrag einzuschränken – nicht aber generell zu verbieten.
Eine Beschränkung auf Zimmerlautstärke ist bei Spielen eines Musikinstrumentes nicht notwendig, da dieses keine sinnvolle Wiedergabe des Instruments ermöglicht. Jedoch sind Richtwerte zu beachten, die festlegen, wie lange und wann ein Instrument genutzt werden darf. Richtwerte für Spielzeiten:
- Akkordeon
1 1/2 Stunden pro Tag zwischen 9 und 13 und 15 und 22 Uhr
(LG Kleve 6 S 70/90) - Klarinette und Saxophon
2 Stunden täglich, sonntags nur 1 Stunde
(OLG Karlsruhe 6 U 30/87) - Schlagzeug: 45 bis 90 Minuten täglich, außer sonntags
(LG Nürnberg-Fürth 13 S 5296/90) - Klavier: Maximal 3 Stunden täglich, am Wochenende weniger
(BayObLG 2 Z BR 55/95) - Geige, Bratsche und Cello: Werktags 8 Stunden und sonntags 6 Stunden
(LG Flensburg, 7 S 167/92) - Keyboard: Keine Zeitliche Beschränkung aber nur auf Zimmerlautsstärke
Übrigens: Orgelmusik aus einer nahe gelegenen Kirche ist als „unwesentliche Lärmbelästigung“ anzusehen, sofern die Werte der Lärmimmissionen eingehalten werden. Nachbarn haben somit die Kirchenmusik hinzunehmen (OLG Celle vom 29.06.2011, 4 U 199/09).
Was gilt für Berufsmusiker?
Viele Berufsmusiker sind darauf angewiesen auch außerhalb der oben genannten Zeiten ein Instrument in den eigenen vier Wänden zu nutzen. Einer Klavierlehrerin wurde beispielsweise vom Landgericht Frankfurt eine Spieldauer von 7 bis 17 Uhr zugesprochen. Auch danach zwischen 17 und 22 Uhr stehen ihr zusätzliche 3 Stunden Spielzeit zu. Am Wochenende darf sie 5 Stunden lang Klavier spielen (Landgericht Flensburg, vom 18.12.1992, 7 S 167/92).
Wichtig: Ohne eine vertragliche Regelung dürfen Berufsmusiker jedoch höchsten 2-3 Stunden täglich spielen (BGH VIII ZR 165/08).
Wie lange darf der Nachbar Party feiern?
Grundsätzlich ist ein erhöhter Lärmpegel nach 22 Uhr als Ruhestörung und Verstoß gegen die festgelegten Ruhezeiten zu werten (Ausnahme: Silvester, hier gilt eine „gelockerte Nachtruhe“).
Sofern die Polizei bei der Feier auftaucht, ist zunächst ein Gespräch mit dem Veranstalter üblich, um die Situation zu entschärfen. Durch einsichtiges Verhalten des Veranstalters und der Partygäste sieht die Polizei oft von der Beschlagnahmung der Musikanlage und weiteren Konsequenzen ab. Auf den Besuch der Polizei sollten Sie es jedoch nicht anlegen. Dem Veranstalter kann ein Bußgeld drohen, da er und seine Gäste mit dem Partylärm gegen die Richtlinien des Immissionsschutzes verstoßen.
Achtung: Ein dauerhafter Verstoß gegen Ruhezeiten kann ebenso zur Kündigung des Mietverhältnisses führen.
Bis wann darf eine Waschmaschine laufen?
Außerhalb der Ruhezeiten ist Wäschewaschen nicht uneingeschränkt erlaubt. Aus dem Urteil (LG Freiburg, Urt. v. 10.12.2013 – 9 S 60/13) geht lediglich hervor, dass Ruhezeiten grundsätzlich einzuhalten sind. Es besteht jedoch kein generelles Verbot zum Wäsche waschen an Sonn- und Feiertagen.
Wann darf ich nicht staubsaugen?
Das Saugen in der Mittags- und Abendruhe ist zu unterlassen. Ein generelles Verbot sonntags seine Wohnung zu saugen besteht aber nicht.
Ruhezeiten in der Tierhaltung?
Hundebellen wird von den meisten Nachbarn als Lärmbelästigung gewertet. Rechtlich gilt das Bellen der Tiere aber erst als Lärmbelästigung, wenn es länger mehrere Minuten am Stück mehrmals täglich ertönt (AG Bremen, Urteil vom 05. Mai 2006, Az.: 7 C 240/2005).
Wie lange Baulärm und Gartenarbeit?
Regelungen zu Baulärm finden sich in der Verordnung zur Durchführung des Bundes Immissionsschutzgesetztes im Paragraph 7. Darin ist festgehalten, dass Geräte und Maschinen (Rasenmäher, Heckenscheren oder Vertikutierer, Freischneider, Rasentrimmer, Laubbläser und Laubsammler) nicht zwischen 20 und 7 Uhr im Freien genutzt werden dürfen.
Werktags ist der Einsatz der Geräte nur in der Zeit von 7-9 Uhr, von 13-15 Uhr und von 17-20 Uhr erlaubt. Sonntags ist z.B. Rasenmähen komplett untersagt (32. BImSchV, Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung Paragraph 7).
Ruhezeiten: Bohren
Gerade neue Mieter müssen häufig beim Aufbau von Möbeln Gebrauch von Bohrer, Hammer und Co. machen. Beim Bohren gelten dabei grundsätzlich die in der Hausordnung festgelegten Ruhezeiten.
Schreibt die Hausordnung keine Ruhezeiten vor, müssen sich Mieter an die vom Gesetzgeber festgehaltenen allgemeinen Ruhezeiten werktags zwischen 22 Uhr und 6 Uhr halten.
An Sonn- und Feiertagen muss das Bohren gänzlich unterlassen werden.
Wie laut darf es nach 22 Uhr werden?
Erlaubte Tätigkeiten nach 22 Uhr, die mit Lautstärke einhergehen können:
Rollläden nutzen (Az. 55 C 7723/10)
Mietern darf nicht vorgeschrieben werden, wann Sie ihre Räume verdunkeln.
Wasserspülung und Wasserhahn (5 Ss [OWi] 411/90 – [OWi] 181/90 I)
Betätigen von Wasserspülung und Wasserhahn oder auch nächtliches Duschen und Baden (beschränkt auf 30 min).
Kinderlärm (OLG Düsseldorf 9 U 218/96)
Lachen, Weinen, Schreien von Kleinkindern – Störungen sind grundsätzlich hinzunehmen, da diese nicht immer vermieden werden können.
Je kleiner die Kinder desto höher sollte die Toleranzschwelle der Nachbarn sein. Trotzdem müssen Eltern dafür Sorge tragen, dass zumindest die Mittags- und Nachtruhe durch die Kinder eingehalten wird (AG München vom 04.05.2017, 281 C 17481/16).
Übrigens: Auch überlautes nächtliches Gerede und Anschreien gehören nicht zum normalen Mietgebrauch. Nachbarn müssen Lärm derartigen Ursprungs also nicht immer dulden (Amtsgericht Rendsburg, Urteil vom 16.12.1994, 18 (11) C 766-94).
Was ist wenn die Ruhezeit nicht eingehalten wird?
Bei Missachtung der Ruhezeiten können folgende Konsequenzen auf den Störenfried zukommen:
Missachtung der Nachtruhe oder der Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen | Bis zu 5.000 Euro Strafe |
Missachtung der vertraglich vereinbarten Mittagsruhe
| Abmahnung und Kündigung durch den Vermieter |
Rasenmähen an Sonn- oder Feiertagen | Bis zu 50.000 Euro Strafe |
Ordnungswidrigkeiten
Ein Verstoß gegen die nächtliche Ruhezeit ist im Sinne des Paragraphen 117 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (“Unzulässiger Lärm”) eine Ordnungswidrigkeit und wird mit einer Strafe von bis zu 5.000 Euro geahndet. Besonders teuer wird es aber, wenn an Sonn- oder Feiertagen der Rasen gemäht wird.
Voraussetzung ist das Anzeigen der Ruhestörung bei der zuständigen Verwaltungsbehörde (vgl. §§ 35 ff. OwiG). Nach § 117 OwiG ist sie berechtigt Geldbußen zu verlangen.
Abmahnung / Kündigung durch Vermieter
Verstößt der Mieter gegen Vertragsinhalte, wie Ruhezeiten, droht ihm die Abmahnung (vgl. § 543 Abs. 3 BGB), und ggfs. die außerordentliche fristlose Kündigung wegen Störung des Hausfriedens (§§ 543, 569 Abs.2 BGB) oder eine ordentliche Kündigung gem. § 573 Abs.2 Nr.1 BGB.
Übrigens: Lärm spielender Kinder ist nicht immer ein Kündigungsgrund und muss in den meisten Fällen geduldet werden. Spielen auf einem Garagenhof ist bspw. keine erhebliche Verletzung mitvertraglicher Pflichten und somit kein Grund für die Kündigung des Mietverhältnisses (LG Wuppertal, 29.07.2018, 16 S 25/08).
Ist bei Lärmbelästigung Mietminderung möglich?
Für Mieter, die unter starker Lärmbelästigung ihrer Nachbarn leiden, besteht das Recht auf Mietminderung wegen Lärmbelästigung. Voraussetzung ist das Anzeigen des Mangels beim Vermieter (§ 536 BGB und vgl. § 536c Abs.1 S.1 BGB).
Übrigens: Sollten Sie unter starken Baulärm leiden, Ihnen der Mangel aber bereits bei Abschluss des Mietvertrages bekannt war, steht Ihnen keine Mietminderung zu (AG Eckernförde, 27.4.2010, 6 C 670/09).
Unterlassungsklage
Bei dauerhafter Ruhestörung ist eine Unterlassungsklage durch andere Mieter möglich. Dafür nötig sind Beweise der Lärmbelästigung, z.B. in Form eines Lärmtagebuchs mit Zeugenbenennung.
Schadensersatz
Unter den Voraussetzungen des § 536a BGB kann der Mieter Schadensersatz vom Vermieter verlangen.
Tipp: Grundsätzlich sollte vor strafrechtlichem Handeln immer das Gespräch mit dem vermeintlichen Lärmnachbarn gesucht werden. Auch wenn Ihnen das Thema unangenehm ist, kann es sinnvoll sein, dass offene Gespräch mit Ihrem Nachbarn bzw. Mieter zu suchen. Möglicherweise ist er sich der Reichweite der Geräusche nicht bewusst. In vielen Fällen führt ein offenes Gespräch bereits auf beiden Seiten zu mehr Verständnis und einem besseren nachbarschaftlichen Miteinander.
Sollten sich die Fronten zwischen Mietern oder Mieter und Vermieter doch verhärten, kann der Einsatz eines Ombudsmannes hilfreich sein. Viele Ordnungsämter stellen eine solche Person, die für die Vermittlung zwischen den Streitparteien zuständig ist.
Häufige Fragen zum Thema
Wie sind die gesetzlichen Ruhezeiten?
Der Gesetzgeber legt in der Regel eine Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens sowie ein ganztägig gesteigertes Ruhebedürfnis an Sonn- und Feiertagen fest. Hausordnungen können von diesen Regelungen jedoch abweichen und schreiben häufig zusätzlich eine Mittagsruhe von 13 Uhr bis 15 Uhr vor.
Wie lange dauert die Mittagsruhe?
Die Mittagsruhe ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Regelungen zur Mittagsruhe sind aber meist in Hausordnungen vorgeschrieben: häufig von 13 Uhr bis 15 Uhr.
Wie lange darf man unter der Woche Lärm machen?
Unter der Woche gelten gesetzliche Ruhezeiten von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens. Der Gesetzgeber zählt den Samstag dabei auch zu den Werktagen, allerdings können Hausordnungen gesonderte Ruhezeiten für das Wochenende vorschreiben. An Feiertagen gelten Ruhezeiten ganztägig.
Was tun, wenn Ruhezeiten nicht eingehalten werden?
Fühlen sich Mieter durch die Lautstärke anderer Mieter im Mehrfamilienhaus gestört, können sie den Vermieter oder aber die Polizei informieren. Den Störenfrieden kann eine Abmahnung, ein Bußgeld oder aber die Kündigung durch den Vermieter drohen.
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